Gliwickie Metamorfozy

Ballestrems

Text: Theo Schikovsky

Übersetzung: Sebush

Photos: M. Malanowicz, W. Kwietniewski

Gliwice 2005
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   Die Ballestrems stammen aus einer alten italienischen Grafenfamilie – um genauer zu sein – aus der Gegend von Asti, nördlich von Turin. Die schlesischen Abkömmlinge dieser Familie sind auf Giovanni Baptista Angelo Ballestrero di Castellengo, geb. 1709 in Turin, zurückzuführen. Ab dem Jahre 1730 diente er am Hofe des Herzogs von Sachsen-Weimar, wo er den Vornamen Johann und den Nachnamen Ballestrem annahm.

   1732 ist Giovanni Baptist in die elitäre Einheit des kaiserlichen Regiments eingetreten, wo er zum Leutnant befördert wurde. 1740 schloss er sich der preußischen Armee an und gehörte dem III Regiment der Kavallerie an. Er bekam das Kommando über ein Schwadron in Gleiwitz. Am 29. Oktober 1748 heiratete er im heutigen Plawniowice in der Kapelle der alten Burg, die Gräfin Maria Elisabeth Auguste von Stechow, die Tochter Wolfgangs von Stechow, des Gründers des Majorats (ein Familienbesitz, der nicht der Teilung unterliegt sondern immer dem ältesten der Familie überlassen wird) mit den Ländereien von Plawniowice, Ruda und Biskupice (heutige Ortsnamen). Im Jahre 1798, nach dem Tod von Karl Franz von Stechow (Wolfgangs Sohn), der keine männlichen Nachkommen hatte, wanderte der Besitz in die Hände des ältesten Sohnes seiner Schwester, Karl Franz von Ballestrem und bleibt der Familie bis 1945 erhalten.

       
       
   Schon im Jahre 1751 holte von Stechow zwei erfahrene Bergleute aus Sachsen und beauftragte sie eine Zeche zu errichten. Er hoffte dort Eisenerzvorkommen zu finden, aber die Bergleute fanden „lediglich“ Steinkohle. 1770 erhielt von Stechow eine offizielle Steinkohleförderlizenz vom neu gegründeten Bergbauamt. Das Bergwerk, das erste in Oberschlesien, wurde „Brandenburg“ genannt. In den Jahren 1798-1945 haben die Ballestrems das mächtigste Wirtschaftsimperium des Reiches aufgebaut. Die Besitzverwaltung befand sich in Ruda, nach der Teilung Oberschlesiens im Jahre 1922 wurde sie nach Gleiwitz in ein neu errichtetes Gebäude verlegt (heute der Sitz des administrativen Gerichts). In der Gegend von Gleiwitz gehörten zum Ballestrem-Konzern : die VOH-Hütte (später die Hütte des 1. Mai), die Walzerei von Laband AG, die Consolidation Bergbau sowie 50% der Anteile an der Sandbahn von Peißkretscham (heute Pyskowice).
       
       
   Zu den bekanntesten Repräsentanten der Familie in der Politik zählte Franz Graf von Ballestrem, Mitglied und Aktivist in der Zentrum-Partei und späterer Reichstagspräsident (1898-1906).

       
   Das Wohlergehen der Mitarbeiter lag den Ballestrems am Herzen. Die Arbeiter wohnten mit ihren Familien in sog. Kolonien (Bialas, Poremba, Ruda Hammer, Karol, Glückauf). Die Miete betrug zwischen 7,25-9,00 Reichsmark im Monat. Jede Kolonie hatte einen eigenen Laden, einen Sanitärpunkt, eine Bibliothek und eine Grundschule. So gehörte die Kolonie vom heutigen Rokitnica (Rokittnitz) in puncto Standard und Technik zu den modernsten in Europa und wurde von Industriellen aus Belgien und England besichtigt. In Ruda wurde sogar eine Hauswirtschaftsschule für die Bergmannstöchter eröffnet. Ebenso hat Ruda das erste, im Jahre 1895 übergebene Gymnasium, den Ballestrems zu verdanken. In Ziegenhals (heute Glucholazy) unterhielten die Ballestrems für ihre Arbeiter ein großes Zentrum für Rekonvaleszenz. Sie bauten auch Klöster, Kirchen, Witwen- und Krankenhäuser. 1934 schenkte die Familie der Stadt Gleiwitz die Villa Caro.
       
       
     Alle Familienmitglieder der Ballestrem-Familie  gehören dem Malteser Ritterorden an. Heute wohnt die Familie in Straubing (Bayern).  
       
 

Familienalbum